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70 Jahre Porsche: Von Genf in die Welt – Die Anfänge von Porsche in der Schweiz

Automobil

70 Jahre Porsche: Von Genf in die Welt – Die Anfänge von Porsche in der Schweiz

Nur wenige Insider wissen, dass die Produktion der Porsche-Modelle 356 ohne den Schweizer Rupprecht von Senger wahrscheinlich nie begonnen hätte – er bestellte 1948 die ersten fünf Fahrzeuge überhaupt und sicherte sich eine Option auf weitere fünfzig. Aber vor allem sorgte er dafür, dass die blutjunge Marke erstmals in Genf zu sehen war. Es ist eine interessante Frage: Wo würde Porsche heute ohne die Schweiz, ohne den Genfer Auto-Salon stehen? Um den Charme dieser Frage zu verstehen, sollten wir zurück in das Jahr 1948 gehen: Vor 70 Jahren präsentierte das damals noch sehr junge Unternehmen Anfang Juli vor dem Grossen Preis der Schweiz den allerersten Porsche. Genauer gesagt den 356/1, jenen Mittelmotor-Sportwagen mit der Fahrgestellnummer 356-001, den Ferry Porsche als ersten 356-Typ zwischen 1947 und 1948 gebaut hatte und der am 8. Juni 1948 in Gmünd seine Betriebszulassung und am 15. Juni das Kennzeichen K – 45 286 erhielt. Die Journalisten in Bern waren begeistert und Motor und Sport (der Vorläufer von auto, motor und sport) lobte den ersten 356 als „Kreuzung zwischen Volkswagen und Auto-Union-Rennwagen für die Sportwagen-Klasse“. Und die Berner Automobil-Revue schrieb am 7. Juli 1948: „Als Versuchswagen hat Porsche zunächst einen zweisitzigen offenen Sportwagen gebaut, den wir vor dem Schweizer GP um die Rundstrecke von Bremgarten jagten und in kürzester Zeit fassten wir volles Vertrauen. So stellt man sich tatsächlich die Fahreigenschaften eines modernen Wagens vor.“

Erster internationaler Porsche-Auftritt: 1949 in Genf
Doch noch war die Finanzierung des Projekts nicht gesichert – hier taucht nun ein Schweizer Name auf: Rupprecht von Senger. Der Autoliebhaber und -händler hatte Anfang September 1948 den 356/1 für 7.000 Franken gekauft. Damit verfügte Porsche über die notwendigen Devisen, um die Idee eines eigenen Coupés vorantreiben zu können. Coupés, die – dank der guten Berichterstattung – rasch bestellt wurden. Von Senger hatte sich bereits 1947 das Vorkaufsrecht an den ersten fünf Porsche-Sportwagen gesichert, um sie in die Schweiz zu importieren – mit einer Option auf weitere 50 Fahrzeuge. Er leistete einen finanziellen Vorschuss und unterstützte die Fertigung, indem er die notwendigen Ersatzteile, Reifen und Leichtmetallbleche organisierte. 1948 vermittelte von Senger auch den Kontakt zwischen Ferry Porsche und dem Zürcher Hotelier und Autohändler Bernhard Blank. Dieser verwandelte einen Teil seines Hotels in einen Ausstellungsraum. Ende desselben Jahres präsentierte er das erste gebaute Porsche-Coupé: 356/2. Und Blank sorgte dann im März des darauffolgenden Jahres auf dem Genfer Auto-Salon für den ersten internationalen Porsche-Auftritt. Der Wagen wurde zum Geheimtipp unter wohlhabenden Sportfahrern. Ein Coupé kostete damals 14.500 Franken, das Cabriolet 16.500 Franken. Bis Ende 1949 wurden in Europa 27 Stück des handgefertigten Sportwagens verkauft. Dieser erste Auftritt war der Beginn einer langen und bis heute soliden, florierenden Beziehung zwischen dem Genfer Auto-Salon, der Schweiz und Porsche. Sie sollte im Laufe der nächsten Jahrzehnte eine beachtliche Anzahl von Premieren – für die Schweiz sowie europa- und weltweit – zur Folge haben. Da die Liste dieser Premieren ein eigenes Werk füllen würde, können hier nur die wichtigsten Highlights erwähnt werden.

Brücke vom 356 zum 911
Mit der Schweizer Premiere eines hellblauen Porsche 901-Prototypen schlug Genf im März 1964 die Brücke vom 356 zum 911. Noch trug der Zweiliter-Sechszylinder die Typbezeichnung 901, jedoch hatte sich die Firma Peugeot namensrechtlich alle Ziffernfolgen mit einer Null in der Mitte gesichert, deswegen wurde das neue Modell von Ende 1964 an in seiner Serienform als 911 ausgeliefert. Im Jahr darauf stand nochmals ein 911 auf dem Porsche-Stand, diesmal rot lackiert, es war der 78. von 82 gebauten 911-Prototypen. Der Wagen wird derzeit als einer von etwa einem Dutzend noch existierenden 911 restauriert und wohl noch in diesem Jahr wieder in alter Schönheit nach Genf zurückkehren.

Neue Kapitel mit 917 und 928
1969 präsentierte Porsche mit dem 917 den ultimativen Rennwagen, den Ferdinand Piëch erdacht und durchgesetzt hatte. Dessen 25 Exemplare, die das Reglement zur Homologation forderte, führten das Unternehmen an den Rand des Bankrotts. Jedoch: Der 917 entwickelte sich mit seinen 4,5- und Fünfliter-Zwölfzylindermotoren zum Beherrscher der Rennstrecken. Spätestens nach dem ersten Gesamtsieg in Le Mans 1971 wandelte sich der 917 dann zum Wunderwagen, der für Porsche die grossen Titel eroberte und den Ruhm des Hauses beeindruckend mehrte. Es sollte anschliessend bis zum Jahr 1977 dauern, bis das schwäbische Unternehmen mit dem Porsche 928 ein völlig neues Kapitel aufschlug. Auf der Weltpremiere in Genf beeindruckte ein roter 928 mit weissem Interieur auf einem Podium das Publikum, das aber auch in einem weissen 928 mit rotem Interieur Platz nehmen konnte. Ein Schnittmodell des 4,5-Liter-Motors bewies ausserdem, dass man in Weissach auch wassergekühlte V8-Motoren bauen konnte. Heute zum souveränen Gran Turismo verklärt, wurde der 928 zuerst misstrauisch beäugt und lange nicht als echter Porsche akzeptiert.

Fünf Jahre später zeigte das Unternehmen mit dem ersten 911 SC Cabriolet, dass sich das vermeintliche Ende des Elfers noch hinziehen würde – seine erste komplett offene Variante sorgte 1982 für eine Renaissance des Klassikers und bescherte Porsche eine neue Klientel, die mit dem 911 Targa nicht richtig glücklich geworden war. Und weitere sechs Jahre später bewies der in Genf präsentierte erste 911 Carrera 4, wie viel man im Hause von der Entwicklung des legendären Porsche 959 und dessen Allradantrieb gelernt hatte. Von 1988 an war somit die Ziffer 4 in der Nomenklatur des 911 ein fester Bestandteil.

Turbo-Modelle und Carrera GT
Porsche vergass aber auch nicht, seine eher leistungsorientierten Kunden regelmässig mit Turbo-Modellen zu erfreuen. Eine dieser Weltpremieren fand 1990 in Genf statt, als der 964 Turbo vorgestellt wurde: Mit seinen 320 PS, die der 3,3-Liter-Sechszylinder bei 5.750 U/min bereitstellte, war dieser 270km/h schnelle 911 Turbo einer der Könige der Strasse. Überhaupt wurde Genf oft als Präsentationsort besonders sportlicher Varianten gewählt – so wie erstaunlich viele Rennwagen erstmalig in Paris gezeigt wurden. So stand im März 1999 am Lac Leman der neue 911 GT3 im Blickpunkt, der auf der Basis des 996 entwickelt wurde und mit seinen 360 PS und einem Leergewicht von nur 1.350 Kilogramm als Homologationsmodell für den Rennsport diente. Der 996 war zwei Jahre zuvor auf der IAA in Frankfurt erstmals gezeigt worden und musste als erster wassergekühlter Elfer zuerst einmal diverse Vorurteile derjenigen beseitigen, die nur einen Porsche 911 mit Luftkühlung für einen echten Porsche hielten.

Doch die Überzeugungsarbeit wirkte rasch, und als von dem GT3 bereits in den ersten zwölf Monaten 1.358 Fahrzeuge verkauft werden konnten, war die Wasserkühlung auch bei den GT-Modellen angekommen. Gar noch sportlicher zeigte sich Porsche im März 2003, als man mit dem Carrera GT einen Supersportwagen präsentierte, der ein neues Porsche-Zeitalter einläutete: Der 5,8 Liter-V10-Motor mit 612 PS Leistung erreichte 334 km/h und durcheilte die 200-km/h-Grenze nach 9,9 Sekunden. Bei diesem Fahrzeug waren erstmals das Monocoque, das Fahrwerk und der Aggregateträger vollständig aus kohlefaserverstärktem Kunststoff gefertigt – letztlich sollten 1.282 Fahrzeuge inklusive der Vorseriengefährte entstehen.

Auch in den Jahren danach wurden in Genf immer wieder die Topmodelle erstmalig der Weltöffentlichkeit gezeigt: 2006 erlebte der nun 480 PS leistende 997 Turbo hier – zusammen mit dem neuen, 415 PS starken 911 GT3 – seinen ersten grossen Auftritt 2009 stand dann die nächste 911-GT3-Generation im Mittelpunkt, nun mit 3,8 Liter Hubraum und 435 PS Leistung.

Nicht ganz so temperamentvoll war der erste Cayenne Diesel, der mit einem Dreiliter Sechszylinder 240 PS bot. 2010 präsentierte man am Porsche-Stand gleich mehrere Neuheiten: Der 911 Turbo S stellte noch mehr PS als zuvor zur Verfügung und der 911 GT3 R wurde aktiven Rennfahrern ans Herz gelegt. Die zweite Generation des Cayennes enterte mit Motorleistungen zwischen 300 und 400 PS die Händler-Showräume. Als ob dies nicht genug wäre, präsentierte Porsche auch die Hochleistungsstudie 918 Spyder, die 2013 in Produktion gehen sollte.

„Semper Vivus“ und Panamera S Hybrid
2011 unterstrich Porsche schliesslich mit dem neuen Panamera S Hybrid, der dem erfolgreichen Cayenne S Hybrid folgte, seine feste Absicht, sich dem Thema Hybrid noch intensiver zu widmen – wozu auch die in Genf gezeigte Rennsportstudie 918 RSR beitrug. Gleichzeitig wurde der Bogen geschlagen zu den allerersten Anfängen des Unternehmens: Der Nachbau des Lohner-Porsche „Semper Vivus“ aus dem Jahr 1900 wurde erstmals auf dem Auto-Salon vorgestellt – Seite an Seite mit dem Panamera S Hybrid. Der „Semper Vivus“ überraschte die Messebesucher genauso wie damals das Original, und zwar 1901 auf der Pariser Automobilausstellung.

Premiere feierte 2011 in Genf auch der besonders sportliche Cayman R mit seinen 330 PS. Ein Jahr später zeigte Porsche als Weltpremiere die nächste Boxster-Generation sowie als Europapremiere den Panamera GTS und das 911 Cabriolet der Baureihe 991. 2013 brachte Porsche den neuen 911 GT3 Cup mit 460 PS für die Rennstrecke nach Genf, dazu feierte auch die fünfte Generation des 911 GT3 mit neuer Karosserie, neuem Fahrwerk und aktiver Hinterachslenkung Weltpremiere. Seine Leistung: 475 PS und eine Höchstgeschwindigkeit von 315 km/h. Wichtiger war für viele Interessenten jedoch die Rundenzeit von unter 7:30 Minuten auf der Nordschleife des Nürburgrings.

Ebenfalls erstmals in Genf: 919 Hybrid
Während der Macan S Diesel Welt- und der 911 Targa Europapremiere feierten, war der eigentliche Star des Porsche-Stands 2014 der neue 919 Hybrid, mit dem das Werksteam aus Weissach wieder in die Topkategorie der Sportwagen Langstreckenweltmeisterschaft (WEC) zurückkehrte – und gegen die hausinterne Konkurrenz von Audi antrat. Heute wissen wir, dass der 919 Hybrid in den folgenden drei Jahren jeweils die Markenweltmeisterschaft der WEC gewinnen sollte.

Cayman GT4 und Sport Turismo
Ein Jahr später bestimmten wieder zwei besonders sportliche Modelle den Stand der Zuffenhausener Firma: Mit dem Cayman GT4 kam endlich auch eine mit 3,8 Liter Hubraum und 385 PS betont sportliche Version des Mittelmotor-Coupés Cayman zu den Händlern, noch brachialer gab sich der neue 911 GT3 RS, der mit 500 PS Leistung und 310 km/h zu glänzen wusste. Zum 50. Geburtstag des legendären 911 R beglückte Porsche 2016 in Genf exakt 991 Käufer mit einer Hommage an den nur 24 damals gebauten Exemplaren des 911 R. Natürlich hiess die Hommage ebenfalls 911 R und bot neben 500 PS auch ein handgeschaltetes Sechsganggetriebe und ein auf 1.370 Kilogramm reduziertes Gewicht. Auch wurde auf ein auffälliges Spoilerwerk verzichtet. Die 991 Exemplare waren innerhalb eines Tages verkauft. Wer dem Boxster verfallen war, konnte in Genf ausserdem erstmals den 718 Boxster mit aufgeladenem Vierzylinder-Boxermotor betrachten. Das Jahr 2017 brachte neben der zweiten Generation des 911 GT3 mit 500 PS Leistung auch eine zweite Panamera-Baureihe mit der Bezeichnung Sport Turismo, die gleich in fünf Versionen angeboten wurde: als Panamera 4, Panamera 4S, Panamera 4S Diesel, Panamera 4 E-Hybrid und Panamera Turbo. Und mit dem Panamera Turbo S E-Hybrid positionierte Porsche erstmals einen Plug-in-Hybrid als Topmodell einer Baureihe, bei dem der Vierliter-V8-Motor aus dem Panamera Turbo mit einem Elektromotor kombiniert wird. Das Ergebnis: eine Systemleistung von 680 PS.

Initialzündung für die Zukunft
Mit dem Mission E Cross Turismo präsentierte Porsche auf dem Genfer Automobil Salon 2018 die Konzeptstudie eines elektrisch angetriebenen Cross Utility Vehicle (CUV). Zu den Stärken des viertürigen Cross Turismo zählen das emotionale Design mit prägnanten Offroad-Elementen sowie das neuartige Anzeige- und Bedienkonzept mit Touch-Screen und Blicksteuerung. Das 4,95 Meter lange Konzeptfahrzeug mit Allradantrieb verfügt über eine 800-Volt-Architektur und ist für das Laden am Schnellladenetz vorbereitet. Außerdem lässt es sich via Induktion, am Lade-Dock oder am Porsche-Heimenergiespeicher aufladen. Der bereits fahrbare Mission E Cross Turismo knüpft an die Studie Mission E an, die Porsche auf der Internationalen Automobilausstellung (IAA) 2015 gezeigt hat. Das darauf basierende Serienauto feiert nächstes Jahr seine Premiere.

Mit dem Porsche 911 GT3 RS debütierte 2018 zudem einer der radikalsten Hochleistungssportwagen der Gegenwart. Er leistet 383 kW (520 PS) aus vier Litern Hubraum. Wie das Herzstück des neuen GT-Modells stammt auch das auf kompromisslose Präzision abgestimmte Fahrwerk direkt aus dem Motorsport, ergänzt durch eine Hinterachslenkung.

Ungebrochene Liebe zu Porsche
Die Liebe der Schweizer zum Hause Porsche und vice versa ist ungebrochen, eine Erklärung dafür fand Marco Marinello, ehemaliger Präsident des Porsche Clubs Basel in einem Gespräch mit der Berner Zeitung: „Das Auto war früher in erster Linie ein Produkt für Leute, die sich für Technik interessierten. Und davon gab es viele in der Schweiz.“ Anfangs seien viele Käufer aus technischen Berufen gekommen: Architekten oder Ingenieure.

Ihnen gefiel das Puristische am Sportauto – form follows function. Die Porsche-Wagen kamen im Vergleich zu anderen Sportautos eher schlicht daher. Marinello: „Im Zentrum standen der Fahrspass und die Funktionen. So brauchte es den Spoiler aus gutem Grund, er war kein Showeffekt. Dieses Schlichte, Ehrliche übte gerade auf Schweizer seinen Reiz aus.“

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